Homophilenbewegung

Als Homophilenbewegung bezeichnet man die Emanzipationsbewegung homosexueller Männer und teilweise Frauen von den 1940er bis Ende der 1960er Jahre. Anhand der Bezeichnung wird sie historisch abgegrenzt von der im deutschsprachigen Raum wurzelnden vorhergehenden Homosexuellenbewegung vom Ende des 19. Jahrhunderts bis Ende der 1930er Jahre und der Schwulen- und Lesbenbewegung seit den 1970er Jahren. Prinzipiell handelt es sich also hierbei um die Zwischenphase mehr oder minder abgrenzbarer Perioden homosexueller Emanzipationsbestrebungen, die aufgrund massiver gesellschaftlicher Umbrüche in eine erste, eine zweite und eine dritte Homosexuellenbewegung zerfallen.

Ideell speiste die Homophilenbewegung sich aus der ersten Homosexuellenbewegung, konnte deren Erbe aber aufgrund der auch sozial und intellektuell zerstörerischen Homosexuellenpolitik der Nationalsozialisten nur in stark fragmentarisierter Form wahrnehmen. Tradiert und transformiert wurde dieses Erbe vor allem in der Schweiz, von dort befördert entstand in den Niederlanden (ab 1946), Skandinavien (ab 1948) sowie in den USA die organisierte Homophilenbewegung. Diese teilte sich in zwei Flügel, einen eher ästhetizistischen, der sich bemühte, eine homosexuelle Identität und Lebensräume für Homosexuelle zu kultivieren, sowie einen aktivistischen Flügel, dem es aufgrund des sexualpolitisch weltweit repressiven Klimas allerdings kaum gelang, gesellschaftlich oder politisch wirksam zu werden. Essentiell für homophile Positionen war ein eher defensiver Ansatz, der die Mehrheitsgesellschaft von der „Ungefährlichkeit“ Homosexueller überzeugen wollte.

Die deutsche Homophilenbewegung ist zeitlich ca. zwischen 1949 und 1969 zu verorten. Diese Bürgerrechtsbewegung fiel laut Raimund Wolfert einem „doppelten Verschweigen anheim“. So habe einerseits „der westdeutsche Staat kaum etwas unversucht“ gelassen, „um homosexuelle Emanzipationsbestrebungen zu vereiteln“. Andererseits hätten „Vertreter der dritten deutschen Homosexuellenbewegung […] die Bemühungen und Leistungen ihrer Vorgänger nicht zur Kenntnis“ genommen.[1]

  1. Wolfert 2014 S. 87f.

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